Allgemeine und spezielle Hinweise

 

zum Krafttraining

 

 

 

  

Aufwärmen – Sinn und Unsinn

 

Unsere Muskeln haben auch in „ausgekühltem“ Zustand eine Kerntemperatur von ca. 36° C.

Nach nur zwei bis drei Wiederholungen jedoch erreicht die Temperatur bereits kritische Werte, die Leistungsfähigkeit sinkt und ab 42° C gerinnt das Eiweiß der Körperzellen, was zum Tode führen würde, weshalb wir als „Katastrophenschutz – Maßnahme“ schwitzen.

 

Wer von Beginn der Tätigkeit an sofort Belastungsspitzen verkraften muss – beispielsweise Läufer oder Springer - muss (nur leicht!) aufwärmen – nicht nur, um die Muskeln auf Temperatur zu bringen, sondern auch u. a. um das Nervensystem reaktionsschneller zu machen.

Übrigens wärmen die jeweiligen Übungen nur die belasteten Muskeln auf, allgemeine Effekte finden entgegen weit verbreitetem Irrglauben nicht statt.

 

Beim Krafttraining sieht es mit dem Aufwärmen ganz anders aus, denn hier wird niemals mit voller Leistung, sondern langsam und gleichmäßig mit ca. 65 – 70% der Höchstleistung gearbeitet.

Es muss klar sein, dass Krafttraining nur effektiv sein kann, wenn der Widerstand ausschließlich durch Muskelkraft überwunden wird, und zwar über den gesamten möglichen Bewegungsumfang.

Damit entsteht bei korrektem Training auch keine Spitzenlast im Muskel und ausgiebiges Aufwärmen ist daher nicht nur unnötig, sondern kontraproduktiv (s. auch: „Grundlagen / Trainingsprinzipien“).

 

 

 

Dosierung im Krafttraining

 

In vielen Fitness – Studios läuft die Diskussion, ob es besser ist, 1 – 2 Sätze zu trainieren oder möglichst viele Sätze, um den Muskel „auszubrennen“ – der, wie manche meinen, beste Trainingsreiz.

 

Um das kompetent zu diskutieren, muss man sich zunächst mit der Physiologie der Muskeln befassen:

 

Die Leistung, die ein Muskel bringt, entsteht nicht in diesem selber; allenfalls könnte diese durch im Muskel selbst vorhandene Störungen oder Erschöpfung seiner Energiereserven vermindert werden.

Der Energieimpuls entsteht vollständig in spezifischen Zentren des Gehirns. Die Nerven leiten ihn zu den Muskeln weiter, die dann in einer chemischen Reaktion diese Energie umsetzen.

Dabei entsteht zu 2/3 Wärme, lediglich 1/3 wird tatsächlich zu Bewegungsenergie.

Somit wird klar, warum gesunde Muskeln vor allem vor einem Problem stehen: Nämlich, diese Wärme wieder los zu werden.

 

 

In diesem Zusammenhang lohnenswert zu wissen, wie der Körper eigentlich die Muskelkraft und die Koordination dosiert bzw. regelt: Je nach Stärke des Nervenimpulses werden mehr oder weniger Muskelfasern zur Erzeugung der nötigen Kraft hinzugezogen („Intramuskuläre Koordination“) und so die Kraft dosiert.

Jede Muskelfaser kann also nur vollständig oder gar nicht kontrahieren („Alles-oder-nichts-Gesetz“). Nach dem gleichen Prinzip wird auch die Feinkoordination gesteuert. Denkt man das zu Ende, wird klar, dass auch vermeintlich leichte, aber ungewohnte Bewegungen zu Muskelkater führen.

 

Demnach wird durch Training nicht vorrangig die Muskulatur, sondern vielmehr das Nervensystem belastet. Um der Muskulatur einen optimalen Trainingsreiz zu bieten, ist es daher wichtig, die Belastungsintensität und die Belastungsdauer richtig aufeinander abzustimmen.

 

Bei sauberer Ausführung liegt die optimal durchführbare Belastungsdauer im Krafttraining bei ca. 70 – 90 Sek., danach sollte keine korrekte Wiederholung mehr machbar sein, da die lokale Erschöpfung erreicht ist.

Der Trainingsreiz ist dann für die Muskeln optimal, das Nervensystem hingegen musste zunehmend „investieren“ und nun ist es unmöglich, die entsprechend hohe Reizintensität länger bereitzustellen.

 

Mit anderen Worten:

 

Während bei länger andauernden Belastungen das Nervensystem überlastet wird, was diesem keinen Nutzen bringt sondern u. U. sogar schadet, kommen keine trainingswirksamen Reize mehr beim Muskel an - in diesem Fall ist das Trainigsgewicht zu leicht.

Ob nun ein Ein-Satz- oder eher ein Mehr - Satz-Training als ideal anzusehen ist, ist auch unter Experten nicht ganz geklärt – entscheiden Sie selbst nach Ihren eigenen Erfahrungen! Immerhin sollte hierbei auch nicht unterschlagen werden, dass die Eigenversorgung der Muskeln und deren Regeneration bei weniger intensiven, dafür wiederholten (also Mehr - Satz -) Belastungen wesentlich besser gewährleistet ist. Das ist ein ergänzender Gedanke, dessen Bedeutung nicht zu unterschätzen ist. Manche kommen mit den Belastungsintensitäten, "wie sie im Buche stehen" bzw. wie oben geschildert, doch nicht so gut klar. Denjenigen sei die Variante mit verringerter Belastung empfohlen! Es gibt schließlich niemals den einen einzigen selig machenden Weg, der für alle gültig ist, vielmehr stellt alles hier Erwähnte wichtige Aspekte für die Ausarbeitung des für Sie optimalen Trainings dar.

 

 

 

Bedeutung der Körperbalance

 

Bei Krafttraining denkt man zunächst natürlich an die Steigerung der Kraft.

Im Bereich des auf natürlichem Wege Erreichbaren ist dies auch nur zu begrüßen.

 

Ein leider oft eher gering beachteter Aspekt ist hingegen die Körperbalance. Keine andere Trainingsmaßnahme bietet Ihnen derartige Möglichkeiten, positiv darauf Einfluss zu nehmen!

 

Unser Skelett ist einer Gliederpuppe vergleichbar, die Muskeln einem aktiven Spannungssystem, das statisch und dynamisch stabilisierend wirkt. Ohne tiefer darauf eingehen zu wollen – das Thema füllt ganze Bücher – wird jetzt schon deutlich, dass ein optimales Zusammenwirken aller Spannungsfaktoren entscheidend ist. Andernfalls gerät der Körper tendenziell aus der Balance, er würde kippen und muss gegensteuern durch Anspannung anderer Muskeln. Er ist somit „verspannt“, in Kompression und verdreht (schmerzhaft und ersichtlich an einer schlechten Haltung), was ihn in vielfältiger Weise weiter und auf Dauer gravierend schädigt.

 

Trainieren Sie daher immer unter Berücksichtigung der Gesamt – Balance!

 

Sie mögen Ihre Vorstellungen von Trainingszielen haben, aber bedenken Sie dabei:

Ihr Körper muss diese umsetzen – ob zu seinem Schaden oder Nutzen, das entscheiden Sie!

 

 

 

Grundlagen / Trainingsprinzipien

 

Eine korrekte und effektive Ausführung zielt darauf ab, den Muskel über den gesamten Bewegungsumfang gegen den vollen Widerstand arbeiten zu lassen.

 

Mitpendeln, Ausweichbewegungen, Schwungholen sind folglich verboten und es ist auf eine langsame Ausführung zu achten.

Ein Gewicht beim schnellen Absenken abzubremsen und dann aus der Muskelstreckung hochzureißen ist nicht nur ineffektiv sondern gefährlich, da der als „Sprungfeder“ missbrauchte Muskel (bzw. einzelne Fasern) reißen kann und

so sicher auf Dauer gravierenden Schaden nimmt.

Der Bewegungsumfang hat von der vollen Streckung bis zur vollen Kontraktion des jeweiligen Muskels zu reichen, um nicht Verkürzungen und Funktionsdefizite anzutrainieren.

 

Werden diese Regeln nicht beachtet, wandelt sich der Trainingsreiz schnell zu einem Schadreiz mit Folgen wie z.B. Muskeldegeneration bis hin zu Muskelrissen, Verhärtungen, intramuskulären Koordinationsdefiziten, etc., die auf Dauer zu erheblichen gesundheitlichen Folgen und Schmerzen führen, die beileibe nicht „nur“ die Haltung und die Gelenke betreffen.

 

Beachten Sie das Regenerationsbedürfnis des Körpers!

 

Nur ausreichende Pausen ermöglichen eine Anpassung an die Belastung, der Sie sich aussetzen.

Dadurch ergibt sich eine Rate von 2 – 3 Trainings / Woche.

Dies macht deutlich, dass ein Split – Training eine gute Möglichkeit darstellen kann, öfter zu trainieren und dennoch die nötigen Pausen einzuhalten.

 

Lassen Sie sich Krafttraining nicht madig machen. Wie Sie nun bereits wissen, ist es in vielen Aspekten allen anderen Sportarten prinzipiell im therapeutischen Sinne überlegen und bildet die nötige Basis!

 

Durch den gewaltigen Anschub des Stoffwechsels in den belasteten Bereichen erreichen Sie eine ausgezeichnete Regeneration der Muskulatur und letztlich auch der Gelenke.

Da die Gelenkknorpel in der Belastungsphase ausgedrückt werden und sich bei Entlastung wieder mit Gelenkflüssigkeit vollsaugen – das ist die Funktionsweise des Stoffwechsels in den Gelenken bei gesunden, elastischen Muskeln - erzielen Sie durch die typischen Belastungen mit korrektem Krafttraining solide therapeutische Effekte.

 

 

Krafttraining ist keine Spielerei.

Betreiben Sie es aufmerksam und beachten Sie die Reaktionen Ihres Körpers.

Bei bekannten Vorschäden muss selbstverständlich zuvor eine therapeutische Abklärung erfolgen.

 

Verkürzte oder gar verhärtete Muskeln sind durch Training nicht mehr wirkungsvoll ansprechbar, wodurch das Training scheinbar unerklärlich wirkungslos bleibt. Das erhöht die Verletzungsanfälligkeit und den Gelenkverschleiß stark, denn ein geschädigter Muskel kann die Impulse des Nervs nicht schnell genug und dann auch nur abgeschwächt umsetzen.

 

Lassen Sie diese Muskeln daher auf jeden Fall zuvor durch einen erfahrenen Masseur behandeln!

Ein weiterer sehr wichtiger Hinweis gilt dem Training Ihrer Elastizität - ein gesundheitlich positives Training ist ohne freie Bewegungsabläufe nicht darstellbar. Regelmäßige und gründlich ausgeführte Dehnungsübungen sind daher ein absolutes Muss! 

 

 

 

 

 

Spezielle Hinweise zur Trainingsgestaltung

 

 

 

Es gibt bei gesunden Menschen im Grunde keine Einschränkungen, bei Beachtung obiger Prinzipien kann jeder seine Trainingsdosis allmählich so lange erhöhen, bis er an seine Leistungsgrenze stößt.

Dort angekommen, wird es dann schwieriger, die nötigen Reize zu setzen, die in noch höhere Bereiche führen sollen. Im Rahmen dieses Merkblattes soll derart gezielt nicht auf solche Bedürfnisse eingegangen werden, vielmehr folgen einige Hinweise zum Training gesundheitlich eingeschränkter Personen.

 

Ich gehe dabei vor im Sinne einer Reise durch die Schwachstellen des Körpers, damit hat der Leser eine recht gut allgemein einsetzbare Orientierung bei der Hand. Den wichtigsten Beratungsanteil sollte allerdings auch hier der eigene gesunde Menschenverstand leisten.

 

Weitere sportliche Betätigungen sollten keine stoßartigen Belastungen auf die betroffenen Partien wirken lassen, so empfiehlt sich beispielsweise meist Radfahren eher als Laufen.

 

Selbstverständlich muss man beim Training verletzter oder vorgeschädigter Partien die Dosierung (deutlich) reduzieren, hierzu sollte man das Prinzip der „sanften Gewalt“ beherzigen – demnach bitte auch keineswegs auf Dauer in noch so gut gemeinte Schonung verfallen!

 

Trainieren Sie gerade die betroffenen Bereiche immer auf Beweglichkeit (Dehnübungen, Igelbälle, Faszienrolle etc.) und Kraft, wobei hier zunächst absoluter Vorrang der Erlangung der vollen Beweglichkeit gilt, sofern dies der Grunderkrankung nach möglich ist, dann erst der Kraft- und damit Belastungssteigerung!

 

Vermeiden Sie (vorerst) Kompressionen der geschädigten Partien.

 

Trainingsmaschinen sind freien Gewichten (zunächst) vorzuziehen.

 

Die Notwendigkeit etwaiger vorheriger Massage der betroffenen Muskulatur liegt auf der Hand!

Osteopathische Faszienlösung und evtl. physiotherapeutische Behandlungen können hinzukommen.

 

In Phasen rheumatischer Schübe herrscht im Prinzip Belastungsverbot, dies gilt ebenso bei anderen in Schüben verlaufenden entzündlichen Erkrankungen.

 

Im Falle systemischer Erkrankungen ist ohne eine Abklärung und Ausheilung der Ursache den Folgen für die Muskeln nicht beizukommen!

 

 

 

 

Schwachstelle Füße:

 

-  Dehnen Sie die Wadenmuskeln mit gestrecktem und

    gebeugtem Knie,

    sowie den Beuger der großen Zehe -

-- Kräftigung an der Wadenmaschine stehend und sitzend.

-- Kräftigung durch Hochziehen des Fußes im Sprunggelenk

    gegen Widerstand.

 

 

Schwachstelle Knie:

 

-- Kräftigung mit Beinstreck- (wichtig:

    Gehen Sie in die volle Streckung!)

– und Beinbeugemaschinen    

    Keine Beinpresse, schwere Kniebeugen (Kompression)!

-- Kräftigung der Adduktoren und Abduktoren

 

 

Schwachstelle unterer Rücken:

 

-- Kräftigung aller um den Rumpf herum reichenden Muskeln: 

    Hüftbeuger, Bauch

    (auch der schrägen Bauchmuskeln). Beim Bauchtraining 

    niemals die Füße fixieren!

-- Kräftigung wie unter „Schwachstelle Knie“, evtl. Beinpresse

    für die Glutaeen

-- Kräftigung der Rückenstrecker und der seitlichen 

    Rückenmuskeln: Latzüge, Überzüge, Dips, Seitheben

-- Keine Überkopf – Stemmübungen (Kompression)!

 

 

Schwachstelle oberer Rücken:

 

-- Kräftigung durch Ruderzüge, Dips

-- Kräftigung der Brustmuskeln durch Bruststemme, Butterfly, 

    Dips

-- Keine Überkopf – Stemmübungen (Kompression)!

 

 

Schwachstelle Schultern:

 

-- Kräftigung der Schulterrotatoren durch Einwärts – und

    Auswärtsrotation

-- Kräftigung der Latissimi etc. durch Latzüge bzw. Ruderzüge

-- Keine Überkopf - Stemmübungen (Kompression im

    Schultergelenk)!

 

 

Schwachstelle Nacken:

 

-- Training der Nackenstrecker und –beuger

-- Training der Kopfwender durch Nacken - Seitbeugen

-- Training des Nacken – Schultersystems durch

    Schulterheben

 

 

Schwachstelle Ellbogen:

 

Je nach Tennis – oder Golferarm verstärkter Schwerpunkt auf:

 

-- Kräftigung der Handbeuger oder –strecker

-- Kräftigung der Pronation bzw. Supination durch 

    Handwendeübungen

-- Bizeps – und Tricepsübungen dosieren je nach 

    Schmerzhaftigkeit

 

 

Schwachstelle Hand:

 

-- Kräftigung des Faustschlusses

-- Kräftigung der Handbeuger und -strecker